Review: Deadboy – Here

Kratzt alles zusammen, was ihr mit den Worten Pflichtkauf, holy maccaroni, essentiell und ‚Wie soll ich nur ohne diese Platte auf’s Klo gehen?‘ je assoziieren wolltet, es wird benötigt, dringend.

Numbers ist urschottische Brutstätte für die housigeren Funky-Ausflüge, immer mit Samples aus besseren Rnb-Tagen, startete letztes Jahr mit (eben) Deadboy und der one sided ‚If U Want Me‘, die Lumidee bis an den Rand des erträglichen loopte, gerade diese larger than life-Attitüde hat mich so begeistert, zwischen völlig Banane und völliger Ekstase wurde alles bedient. Seit einem halben Jahr ungefähr soll dort auch endlich die erste Zwölfer des xx-ers Jamie erscheinen, ‚Far Nearer‘, dort meldet sich aber in aller Regelmäßigkeit die Sample-Polizei und verhindert die Massenpressung. Doof.

Aynway, worauf ich eigentlich hinaus will ist die bis dato vielleicht beste 12″ des Jahres, ein Instant-Klassiker, dein Fels in der Brandung, dein Pilz bei Super Mario, dein Pils im Biergarten, deine Fleißbiene beim Wettprickeln im Kindergarten, dein ein und alles eben. Releases von Numbers werden der Höflichkeit halber immer mal angetestet, kann ja was dabei sein, aber nie und nimmer wäre mir in dem Wirrwar, das sich mein Verstand nennt, der Gedanke einer Idee gekommen Dächer zu beklettern und all den Tauben zu erzählen, was da gerade in mir vorgeht. Ist das nicht auch das großartige an Musik? Der Überraschungsmoment. Wenn du gar nicht damit rechnest und plötzlich deine Schuhe suchen musst. Dir am liebsten die Klamotten vom Leib reißt, inmitten einer Menge unbekannter Tanzflurkollegen die Tränen kullern lässt und einfach durchdrehst. Die Platte ist das perfekte Beispiel.

Akt 1:

Herzschmerz im 4/4-Takt, wo sonst treibt 9 Minuten lang garagierte Housemusik, die nominell eher das Tanzbein in Schwingungen versetzt einen in die Untiefen menschelnder Zweisamkeiten, wo sonst überkommt mich die in diesem Umfeld befremdliche Vorstellung von Romantik und das ‚mag genau jetzt dich neben mir tanzen sehen‘-Gefühl, wenn das Sampel dutzendfach ‚wishing you were here‘ blubbert ? Ich weiß ja auch nicht, aber das letzte gegen das ICH etwas unternehmen könnte sind..eben..feelingsnstuff. Ich weiß, das ist viel verlangt und liest sich übermotiviert oder nach viel zu viel hineininterpretiererei und wenn man einfach ’nur‘ tanzen will, ist das legitim bis zum abwinken. Trotzdem, hier wird ein Bogen gespannt, der durch brutal-genial gesetzte Breaks und diese ..ja..seligen Synthtupfer, die den ganzen Batzen nach vorne tragen, einfach eine in diesem Jahr durch Musik so nicht bekannte Stimmung generiert. Ach, geht gar nicht. Zuviel.

Akt 2:

Mehr Garage, mehr gebrochen, mehr von der für Deadboy typischen filtergesteuerten filigranen Drecksarbeit. Beat und Sampel als symbiotisches, verwirrtes Paar. Beginnt unauffällig und perkussiv, so unspektakulär wie so ein großartiger Unterbau eben sein kann.Es ist im Grunde das gleiche Spiel. Zwischendurch lässt er den Beat alles alleine machen, aber wenn dann wieder das verhallte ‚I’ll be here for you‘ aus der Ecke kriecht, versetzt mit einem ‚all the time‘, das ist schon garantierter Rausch. Es ist doch alles so so simpel und trotzdem frage ich mich die ganze Zeit WAS es denn jetzt genau ist, diese Formel, die immer genau mein musikalisches Epizentrum im Visier hat. Big big love.

Akt 3:

Vielleicht sogar das schönste der 3 Hauptsampels der 12″. Und Gegensätze werkeln wieder Hand in Hand, da wird das Beatgerüst zwar erneut etwas hektischer und ist gänzlich im 2Step angekommen, die benebelte Atmosphäre, der unmerkliche Ping-Pong-Schlag im Hintergrund, die Sonnenaufgangsbässe (ernsthaft, das mein ich auch so), das zärtere Stimmchen und einfach alles hier rufen (flüstern) ‚Jetzt komm doch nochmal her‘ und 6 Uhr früh am Samstag, wenn dann der erste Zug fährt, die Augen mit Rändern nicht mehr hinterherkommen und doch alles ziemlich toll war. ‚All these tears that I cried‘. Das ist schon keine Gänsehaut mehr.

Nun denn, ob ich verrückt bin steht nicht mehr zur Debatte, aber das sollte mal erwähnt werden, diese Platte. Mein ich doch.
Wegen solcher Platten mach ich den ganzen Mist, wegen solcher Entdeckungen durchforstet man Plattenkisten, ob vor Ort oder digital. Ach man, Musik. Du bist die beste.

Wer mich sucht, ich schleich mich mit dem iPod nochmal nach draußen, es gäbe da 3 Tracks zu hören…

Artist: Deadboy
Titel: Here
Label: Numbers (NMBRS15, 12″)
VÖ: Mai 2011
Wertung: Wer die jetzt noch braucht, wundert sich auch über die Funktionsschwächen seiner selbstgebauten Ćevapčići-betriebenen Gürtellochstanzmaschine.

~ von djacula - Mai 27, 2011.

6 Antworten to “Review: Deadboy – Here”

  1. Kommt nix mehr Neues? Das wäre schade.

    • Hallo (unbekannter) Niklas. Danke erstmal. Aufgrund von Zweifeln, ob das hier überhaupt gelesen wird, war ich recht zögerlich, hab aber schon eine Idee wie es weitergehen wird.

      Gruß,
      Acula

  2. Naja ich denke ein paar Leute finden sich hier schon um das zu lesen. Bin übers Musikexpressforummitlesen hier gelandet und finde es auf ne gute Art und Weise undogmatisch und (wenn ich das so sagen darf) egozentrisch geschrieben. Zusätzlich sind die Empfehlungen häufig was für mich.
    Also ich verfolge das hier mal mit und warte was du dir so ausgedacht hast.
    NIklas
    Zum Schluss noch ein Tip in der Hoffnung, dass du das noch nicht kennst: http://www.youtube.com/watch?v=YXFN7QZhSuM

    • Doch, kenn ich schon, sorry :(. Dazu muss auch noch etwas gesagt werden, wird dann auch hier geschehen. Argh. Jetzt wird es auch weitergehen, der Grund wird im äh neuen Comeback-Post (oh man) stehen.Danke für das Kompliment btw, natürlich darfst du das so sagen, was ich mir schon alles anhören durfte! Ich bin dankbar für jeden Interessenten. Beste Grüße.

  3. […] wäre zum einem die in der Review zu Deadboy – Here immer noch als forthcoming angemahnte erste Jamie xx-Zwölfer, die aus samplerechtlichen Gründen […]

  4. […] Deadboys letzten großen Wurf wurde hier die ein oder andere Silbe in höchster Feierlaune abgelassen, was gewiss nicht bedeutet, dass […]

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